Airpaq meets Avantgarde

Wie lassen sich Airbags mit laufstegreifer Avantgarde-Mode verbinden? Diese Frage stellten sich vier junge Studentinnen der Frankfurter Fachschule für Gestaltung und entwarfen von Oktober bis November 2019 im Zuge ihres Studienprojektes gleich eine ganze Kollektion aus dem vielseitigen und widerstandsfähigen Airbag-Stoff, aus dem unsere Rucksäcke gemacht sind. Das Ganze entstand in enger Kooperation mit unserem nachhaltigen Start-Up. Nun möchten wir euch gerne mehr über den ganzen Prozess erzählen und euch die wahnsinnig guten Ergebnisse der vier Mädels nicht vorenthalten!

📸 Sophie Glombik

 

 Leitung des Projektes

Ina Franzmann leitete das Projekt

Ina Franzmann leitete das Projekt

Leiterin dieses Projektes war Ina Franzmann, welche seit zehn Jahren an der staatlichen Fachschule den Bereich Modedesign leitet. Ina Franzmann hat damals nicht nur eine Lehre zur Damenschneiderin absolviert und im Anschluss daran selbst Modedesign studiert, sondern verfügt außerdem über 30 Jahre praktische Erfahrung in der Modeindustrie, wodurch sie den Studierenden Wissen aus der Branche praxisnah vermitteln kann. Denn Ina Franzmann hat früher als Chefdesignerin bei Adidas gearbeitet und entwarf das berühmte Fußball-WM-Trikot von 1990, welches heute sogar in diversen Museen zu bestaunen ist. Damals war dieses Design jedoch längst nicht so populär wie heute, sondern im Gegenteil eher umstritten, da es zum ersten Mal in den Farben der Deutschland-Flagge gehalten und dadurch ein Stück weit provokativ war. Die Beliebtheit erreichte das Trikot-Design erst in den letzten Jahren, wodurch Adidas das Design zur Fußball-WM im Jahre 2018 noch einmal neu auflegte. Des Weiteren führte die Arbeit für Sportbekleidungsgrößen wie Reebok und Champion Ina Franzmann nach Moskau, Hongkong und Shanghai und verhalf ihr somit zu einer internationalen Karriere.

 Team FAIR

Airpaq im Skype-Interview mit Team FAIR

Airpaq im Skype-Interview mit Team FAIR

Das gesamte Projekt wurde von den vier Studentinnen Ophelia Zeidler, Alina-Rahel Jutzy, Lara Wagner und Mona Elsäßer in Angriff genommen. Obwohl die vier alle noch sehr jung sind, sind sie keineswegs Neulinge auf dem Gebiet der Mode. Denn um die 2-jährige Ausbildung zum staatlich anerkannten Modedesigner an der Fachschule für Gestaltung antreten zu können, müssen die Bewerber zuvor eine Schneider-Lehre absolviert haben. Außerdem liegt den Mädels das Nähen und Gestalten quasi im Blut: schon als Kinder und Jugendliche haben sie sich ihre Kleidungsstücke selber umgenäht oder designed, um sie ihren eigenen Vorstellungen anzupassen und ihre Ideen zu verwirklichen. An der Fachschule haben die vier dann das Projekt-Team FAIR (Fashion. Act. Innovative. Reduce.) gegründet, um ein Zeichen für mehr Nachaltigkeit in der Modewelt zu setzen, da dieses Thema Ophelia, Alina-Rahel, Lara und Mona sowohl persönlich als auch beruflich sehr am Herzen liegt.

 Nachhaltigkeit in der Modebranche

Amber (rechts) trägt ein Kleid mit einer Scherpe aus Airbag-Material

Amber (rechts) trägt ein Kleid mit einer Scherpe aus
Airbag-Material

Das öffentliche Interesse am Thema Nachhaltigkeit und im speziellen an nachhaltig produzierter Mode ist in den letzten Jahren immer mehr gestiegen, nicht zuletzt aufgrund der zahlreichen tragischen Unglücke in der Textilbranche, wie etwa dem Einsturz der Nähfabrik Rana Plaza in Bangladesch in 2013, bei welchem 1135 Näherinnen und Näher ums Leben kamen. Dieser Wandel ist natürlich auch an der Frankfurter Fachschule für Gestaltung nicht spurlos vorbeigegangen. So ist das Thema Nachhaltigkeit bereits seit sieben Jahren fest in der Ausbildung der angehenden Modedesignerinnen und Modedesigner integriert. Viel beeindruckender ist allerdings die hohe Eigeninitiative der Studierenden hin zu mehr Nachhaltigkeit: Kleidertauschbörsen sind an der Frankfurter Fachschule längst nichts neues mehr und oft geben die Studierenden bei ihren Projekten selbst den Impuls zu einer nachhaltigen Kollektion. Denn das Bewusstsein vor allem der jungen Generation für nachhaltige Mode wächst und der Konsum von Fast Fashion wird immer kritischer beäugt, besonders seitdem es so viele nachhaltige Alternativen gibt, die sich sehen lassen können. So kam es, dass Mona, Lara, Alina-Rahel und Ophelia im Sinne der Nachhaltigkeit gerne eine Upcycling-Kollektion entwerfen wollten, um ein Zeichen gegen Fast Fashion und für nachhaltige Alternativen zu setzen. Dabei haben sie sich an der Aussage „waste isn’t waste until you waste it“ von will.i.am orientiert: alles, was für manche wahrscheinlich schon Abfall ist und es längst weggeschmissen worden wäre, möchte Team FAIR so oft es geht wiederverwerten, um so wenig Abfall wie möglich zu produzieren.

 Aus alt mach neu

Carolin trägt ein Kleid, das mit Details aus Airbag-Stoff besetzt ist

Carolin trägt ein Kleid, mit Details
aus Airbag-Stoff

Die Grundidee von Team FAIR war es, getragene Herrenanzüge zu Kleidern zu verarbeiten, wobei sie sich an dem Projekt des vorigen Ausbildungsjahrgangs orientierten. Da es sich bei dem Naturfaser-Material, aus welchem die Herrenanzüge bestehen, jedoch um einen sehr edlen Stoff handelt, suchten die Studierenden zusammen mit Lehrperson Ina Franzmann nach einem konträren Material, um die Kollektion etwas aufzulockern und so einen Streetwear-Aspekt zu setzen. Letztendlich sind die Studierenden durch einen glücklichen Zufall auf die Idee gekommen, Airbags mit ins Spiel zu bringen: Ophelia, eine der vier Studentinnen, besaß bereits einen Airpaq und trug ihn zur Schule. Das Design und Konzept gefiel den anderen Studierenden und auch Ina Franzmann so gut, dass sie uns direkt kontaktierten und Airbags als Rohmaterial anfragten, wodurch die Kooperation mit uns zustande kam. „Die Zusammenarbeit mit Airpaq war zu jedem Zeitpunkt extrem aufgeschlossen, kooperativ und verlief reibungslos“, sagt Ina Franzmann dazu. So schnell wie möglich schickten wir der Fachschule also 30 Airbags zu, welche Adrian und Michi damals noch selber aus verschrotteten Autos geschnitten hatten, und die Studentinnen machten sich sofort ans Werk: die Airbags wurden selber gewaschen, aufgetrennt, gefärbt und neu vernäht.

Team FAIR hat eine klare Botschaft auf den Rücken der Jacke platziert

Team FAIR hat eine klare Botschaft
auf den Rücken der Jacke platziert
Für die Kleider, bei welchen das Hauptmaterial die Herrenanzüge waren, sollten von Anfang an nur kleine Details aus Airbag-Stoff vernäht werden, welche gezielt Highlights setzen sollen. Jedoch gefiel den Studierenden der Airbag-Stoff so gut, dass sie sich dazu entschieden, zusätzlich zu den Kleidern auch noch Jacken zu nähen: diesmal komplett aus Airbags. So entwarfen sie etliche Designs für die Jacken und nähten erste Prototypen aus Nessel, bevor sie sich an den etwas komplizierteren Airbag-Stoff wagten. Ursprünglich waren dabei nur die Fertigung von zwei Jacken angedacht; das hat den vier Studentinnen jedoch nicht gereicht. „Weil wir gewisse Designs aus unserem Ideenpool nicht missen wollten, fertigten wir in einer Nacht- und Nebelaktion spontan noch eine dritte Jacke an, bei der wir diese Designs einbringen konnten“, erzählt Ophelia. Durch die unterschiedliche Färbung der Airbags sowie den ausgefallenen Schnitten und aufwendigen Stickereien sind alle Jacken absolute Unikate geworden, in denen viel harte Arbeit und Herzblut steckt. Letztendlich schafften Lara, Mona, Ophelia und Alina-Rahel es, acht Kleider und drei Jacken in ihrem Upcycling-Prozess herzustellen – eine beachtliche Leistung für die kleine Gruppe. Heraus kam eine Upcycling-Kollektion in einem durchaus avantgardistischen Street-Wear-Style, die sich wirklich sehen lassen kann. Die ganze Mühe hat sich also doch gelohnt: denn neben dem Spaß am Entwerfen und Schneidern gab es auch Schwierigkeiten während des Projektes. So bereitete beispielsweise das Einfärben der Airbags den Studentinnen einige Probleme, da es sich dabei um einen sehr aufwendigen Prozess handelt und jeder gefärbte Airbag am Ende unterschiedlich aussieht, was die Planung um einiges erschwert. So haben die Studentinnen extra dafür sämtliche Flohmärkte durchstöbert, um alte Töpfe und Behälter zu finden, in denen sie die Airbags färben konnten. Der Prozess ist zudem sehr geruchsintensiv: „Ich durfte nur färben, wenn meine Mitbewohner nicht zuhause waren“, erinnert sich Alina-Rahel. Außerdem mussten die vier Studentinnen die komplette Kollektion innerhalb nur eines Monats entwerfen, das Material beschaffen, nähen und mittels eines aufwendigen Fotoshootings mit professionellen Models präsentieren – eine große Aufgabe für nur vier Studentinnen. Dafür können die Studierenden nun umso stolzer auf ihr Werk sein, wie auch Alina-Rahel sagt: „Wir haben in kurzer Zeit ein Riesending auf die Beine gestellt: das ist eine Kollektion, die stimmig ist, die man zeigen kann und wir sind total stolz darauf, dass wir vier das so gut hinbekommen haben“.

 

Nach dem Projekt

Mittlerweile haben Ophelia, Mona, Alina-Rahel und Lara ihre Ausbildung an der Frankfurter Fachschule für Gestaltung abgeschlossen, denn die Kollektion in Kooperation mit Airpaq war das Abschlussprojekt von Team FAIR. Was uns besonders freut, ist, dass die Studentinnen nicht nur super happy mit ihrer Ausbildung sind, sondern auch gerne in der nachhaltigen Mode- und Designbranche weiterarbeiten möchten. Die vier erinnern uns ein wenig an uns selbst, denn auch wir haben mit einem Uni-Projekt angefangen, bevor wir es mithilfe einer Crowdfunding-Kampagne zu unserem eigenen, nachhaltigen Start-Up geschafft haben. Wir wünschen ihnen also von ganzem Herzen viel Erfolg für ihren weiteren Werdegang und sind uns ziemlich sicher, dass die vier mit ihrem Talent schnell in der Modewelt Fuß fassen werden.

 

📸by Sophie Glombik

1 Kommentar

Cool,was man so alles aus Airbags machen kann…Hut ab fűr euren Mut und eure Ideen….Ich selber habe bis 2002 als Webmeister bei der GST hier nicht weit enfernt,an der Deutsch-Schweizer Grenze gearbeitet und tagtäglich den Airbag-Stoff produziert…Mann,warum bin ich damals nie auf solch eine Idee gekommen…Die haben ja auch ein Werk in Rumänien,das ihr sicherlich kennt🙆🙆🙆Weiterhin viel Glűck und weiter so…Für Euch von Airpaq und die Mädels aus Frankfurt…Solche Menschen braucht das Land…Mit vielen guten Ideen gehört euch die Zukunft…

Thomas Probst 14 Juli, 2020

Hinterlasse einen Kommentar

Alle Kommentare werden vor ihrer Veröffentlichung geprüft